Vierter Tag: Burgen, Ruinen und Burgruinen soweit das Auge reicht…
29. August 2018Sechster Tag: Rund um den Mälaren und der letzte Rest der Erstausrüstung
31. August 2018Auf dem Urlaubs-Programm standen auch zwei Zwei-Tages-Ausflüge mit Übernachtung am Zielort - der erste führte uns nach Stockholm. Auf dem Hinweg wollten wir Linköping und Nyköping streifen und dort Lust-und-Launen-abhängig noch etwas Zeit in den Städten verbringen.
Linköping haben wir spontan von der Liste gestrichen - dort hätte uns allenfalls ein ansehnliches Innenstädtchen erwartet. Wir waren aber gerade so in Fahr-Laune dass wir direkt weiter nach Nyköping gefahren sind; dort stand nämlich ein Besuch des Nyköpingshus, einer Burgruine die später zum Gefängnis umgebaut wurde, auf dem Plan. Eine Mischung aus Hornburg und Alcatraz erwartend haben wir die Motorräder abgestellt und sind gleich in Richtung Burg aufgebrochen - die sehr enttäuschend gewesen ist. Zwar sind wesentliche Teile im Laufe der Zeit wieder aufgebaut worden - was ja bei vielen Burgruinen der Fall ist - insgesamt hat sie jedoch viel Charme verloren, da die Wiederaufgebauten Teile in neumodischer Backstein-Bauart einen herben Stilbruch zum ansonsten vorherrschenden rohen Stein darstellen. Sicher, hier und da sind noch ein paar ganz nette Eckchen anzusehen, aber im Großen und Ganzen hatten wir uns mehr erhofft. Naja, immerhin hatten wir durch unsere schnelle Weiterfahrt mehr Zeit für unser eigentliches Tagesziel.
Wir haben Stockholm etwa zur Prae-Rushhour erreicht - schon merklich stockend, jedoch noch nicht wirklich voll. Lars hatte für die Übernachtung dort ein Innenstadtnahes Hostel rausgesucht - genau diese Eigenschaft hat das Parken allerdings sehr unangenehm eng gestaltet (selbst mit Motorrädern!). Nach einigem Hin und Her und viel Maßarbeit haben wir die Bikes aber genau in zwei Parklücken gekriegt. Beim einchecken hat uns der Hostel-Mitarbeiter dann angeboten die Motorräder auf den breiten Treppenabsätzen im etwas tiefer liegenden Eingangsbereich abzustellen. Unsere schöne Maßarbeit war zwar dahin, aber dafür waren die Motorräder von der Straße runter und im Videoüberwachten Eingangsbereich (das war vor allem Lars wichtig, dessen Motorrad bis dato gerade einmal dreieinhalbtausend Kilometer auf der Uhr hatte).
Aus irgendeinem Grund wollten wir unbedingt die etwa 50 Jahre alten Leih-Fahrräder des Hostels in Anspruch nehmen um auch schon während der Hinfahrt etwas von der Innenstadt zu sehen. Unser Portier fragte ob das wirkllich unser Ernst sei; er beschrieb sie als "Eisenschweine", sie seien "heavy as shit because they're made from Volvo-Steel". Aha. Joar, passt schon. Wir sind ja nu nicht gerade zart besaitet. Wir fuhren also auf Fahrrädern, die pro Stück in etwa genau so schwer waren wie meine CB, dafür aber nur einen Gang hatten, durch Stockholm.
Meine Aufgabe war im Vorfeld das Heraussuchen und Zusammenstellen der Tagesausflüge und Strecken. Für die Navigation vor Ort und durch die Städte war Lars zuständig, was er dank seines neuen Google-Smartphones auch sehr gerne und meist vernünftig gemacht hat. Nicht aber an diesem Tag: Die Google-Navigation sollte uns direkt ins Zentrum bringen. Jetzt ist es ja so, dass Stockholm über mehrere Inseln und Halbinseln verstreut ist. Wir mussten also über mehrere Brücken und Stadtteile immer weiter und weiter. Aus irgendeinem Grund schickte uns die Google-Navigation auch immer entlang der viel befahrenen Hauptstraße - eigentlich keine sehr schöne Strecke wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist. Nach etwa einer dreiviertel Stunde - wir hatten zwischenzeitlich immer mal wieder für ein schnelles Foto zwischendurch eingehalten - ist Lars aufgefallen dass die km-Angabe immer größer anstatt kleiner wurde - wir fuhren nämlich straight Stadtauswärts, was der Navigations-Software aber egal war. Sie zeigte einfach keinen Warnhinweis oder gar eine Dreh-um-du-Idiot-du-fährst-in-die-falsche-Richtung-Meldung an. Wir sind also zurück, haben die Fahrräder bei der erstbesten S-Bahn-Haltestelle stehen lassen und waren inkl. Fahrkartenkauf in nichtmal 10 Min. in der Innenstadt. Na vielen Dank auch, Google…
Stockholm ist eine sehenswerte Stadt, die definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient als nur einen Tag. Da wir aber angesichts der fortgeschrittenen Stunde nicht mehr die allermeiste Zeit hatten (vielen Dank noch einmal Google), sind wir eher zügigen Fußes durch die reizvolle Altstadt mit ihren vielen kleinen Gässchen gelaufen und haben unseren Kurztrip auf die Haupt-Sehenswürdigkeiten beschränkt.
Da es den Tag über sehr warm war und wir durch das Fortbewegen der schon erwähnten Eisenschweine doch recht viel Flüssigkeit verloren hatten, wurde es auch langsam Zeit irgendwo einzukehren und uns den landestypischen Gesöffen hinzugeben. Nachdem wir knapp eine handvoll typischer Großstadt-Szene-Kneipen bereits kategorisch ausgeschlossen hatten stolperten wir einen Eingang hinab und standen mitten in einer Mittelalter-Kneipe - schon eher unser Metier! Da mir das auf Tafeln angepriesene Bier nicht zusagte fragte ich bei der Maid an der Theke nach dunklen Bieren. Sie kramte in verschiedenen Kühlschränken und präsentierte mir schlussendlich drei Biere zur Auswahl. Da ich mich nunmal leidenschaftlich gerne durch die Bierkultur anderer Länder trinke habe ich gleich alle drei bestellt und schon mal einen Tisch in Beschlag genommen. Derweil hat Lars die Rechnung beglichen und kam nach. Alkohol ist ja bekanntlich in ganz Skandinavien recht hoch besteuert; ein Bier in der Kneipe kostet schon mal 6-8 EUR - ausgefallene Sorten auch etwas mehr. Die erste Runde an diesem Abend belief sich jedoch auf über 50 EUR - für gerade einmal vier Biere! Eines meiner Biere war nämlich mit rund 22 EUR das teuerste der Kneipe! Zum Glück war Lars dran mit bezahlen…
Wir saßen also da und haben uns über dies und das und jenes unterhalten und sind die Pläne und Routen für die nächsten Tage durchgegangen als mich eine der Kellnerinnen im Vorbeigehen angerempelt hat. Sie murmelte etwas und ich meinte ein 'schuldigung gehört zu haben. Später - sie hatte Feierabend und saß am Nebentisch - sind wir mit ihr ins Gespräch gekommen: Sie hatte tatsächlich Deutsch in der Schule - das scheint in Schweden keine Seltenheit zu sein wie wir später und in vielen Gesprächen mit Einheimischen erfahren sollten. Sie hat uns dann auch Christoph, einen Auswanderer aus Erfurt (oder war es Dresden?) vorgestellt. Wir wollten zwar eigentlich schon aufbrechen als er uns noch schnell ein Met-Bier empfohlen hat. Na gut, eins können wir ja noch…
Nachdem jeder von uns noch eine Runde für alle spendiert hatte und wir die letzte Runde längst überwunden hatten sind wir schlussendlich die Treppen wieder rauf gestolpert und haben gerade noch rechtzeitig die letzte S-Bahn zurück in unseren Stadtteil erwischt. Mit den Eisenschweinen ging es dann zurück zum Hostel (diesmal sogar mit korrekter Navigation) und bis zum Einschlafen hat es an diesem Abend auch nicht lange gedauert…
Das 22-Euro-Bier war übrigens köstlich!